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Ob im Interview, der Talkshow oder in der Recherche: Fragen sind das wichtigste Handwerkszeug des Journalisten. Aber welche sind wann die richtigen? Die Lösung liegt in der Perspektive des Gegenübers.
Von Johannes Prokopetz

Wer? Wie? Was? Wieso, weshalb und warum stellen wir eigentlich Fragen, wie wir sie stellen? Foto: Véronique Debord-Lazaro (CC-BY-SA)
Immer die richtige Frage zum richtigen Zeitpunkt – das wär’s. Nur ist dieselbe Frage an dem einen Punkt des Gesprächs hilfreich, an dem anderen ein Stopper. Herauszufinden ist, warum? Und: Wonach lassen sich Fragen so unterscheiden, dass sie in einem Gespräch oder Interview strategisch an den Stellen platziert werden können, an denen sie besonders wirksam sind?
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Foto: WDR/Klaus Görgen
Der Fernsehjournalist Klaus Bednarz ist tot. 18 Jahre leitete und moderierte er das WDR-Politmagazin Monitor. Bednarz starb am Dienstag, 14. April 2015, im Alter von 72 Jahren. Aus gegebenem Anlass veröffentlichen wir an dieser Stelle einen Beitrag aus Message 1/2011, in dem er den Umgang der Senderverantwortlichen mit den „ungeliebten Stiefkindern der ARD“ kritisiert.
10 Erfahrungen aus (fast) 20 Jahren Monitor
von Klaus Bednarz
Nicht nur nach dem Eindruck der Monitor-Redaktion sind die Politmagazine die ungeliebten Stiefkinder der ARD. Sie werden behandelt als Manövriermasse des Programms, hin und her geschoben zwischen den verschiedensten Sendetagen und Anfangszeiten, zugunsten von Sport und Unterhaltungssendungen auch mal ganz aus dem Programm gekegelt und unlängst insgesamt in ihrer Sendezeit drastisch verkürzt. Gäbe es nicht einen bemerkenswerten Anteil von offenbar unverdrossenen Stammzuschauern, wären sie wohl längst aus dem Programm verschwunden.
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Das Spiegel-Interview (7/2015) mit Christoph Maria Fröhder war eine Abrechnung mit Tagesschau und Tagesthemen. Darin lässt sich der erfahrene Krisenreporter unter anderem über die »sprachliche Verlotterung« aus, schimpft über die Ausdrucksweise von Chefredakteur Kai Gniffke, ständiges Geduze und Grammatikfehler in den Beiträgen. Message fragt nach, was dran ist an Fröhders Kritik, die neudeutsch wohl als analoger (Vorsicht Anglizismus!) Rant durchgehen würde*. Wie steht es um die Sprachpflege im deutschen Journalismus? Redakteure und Sprachwissenschaftler antworten.
Teil IV
Bildungs(-klein-)bürgerliches Paradoxon
von André Meinunger
Natürlich ist Journalist nicht gleich Journalist – mit einer groben, aber hoffentlich zulässigen Verallgemeinerung kann man als Sprachwissenschaftler jedoch ein Paradox konstatieren. Laut diverser Studien versteht sich eine Mehrheit der im Journalismus Tätigen als politisch eher links-grün. Die Medienmacher begreifen sich demnach also als fortschrittlicher, aufgeklärter, moderner, aufgeschlossener als der gesellschaftliche Durchschnitt. Das gilt wohl für den politischen, kulturellen, weltanschaulichen oder sozio-ökonomischen Bereich. Für die Einstellung zur Sprache gilt – das ist der angedeutete, womöglich scheinbare Widerspruch – das Gegenteil. Die schärfsten Kritiker eines ganz normalen Sprachwandels sind Leute aus dem Bereich der Medien. Wolf Schneider gilt bei einem Großteil der Journalisten als unangefochtene Koryphäe auf dem Gebiet ›gutes Deutsch‹. Der Sprachkritik betreibende Bastian Sick hat als Kolumnen-Schreiber beim bekanntesten Wochenmagazin Kultstatus erreicht. Beide gelten bei Sprachwissenschaftlern als hoch bedenklich.
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Einst galt die Zeitung von gestern als alt, heute sind es die Posts von vorhin. Wie aber schreiben, wenn die Konkurrenz keine Zeitungen, sondern soziale Netzwerke sind? Über journalistisches Texten in Zeiten von Heftig, Facebook & Co.
von Kerstin Liesem
Köln, Dienstag, 8.23 Uhr. Beobachtung in der Linie 15 vom Chlodwigplatz zum Barbarossaplatz. 22 Studierende stehen, sitzen oder lehnen im Straßenbahnabteil. Alle haben Smartphones in den Händen. Sieben von ihnen beschäftigen sich mit Facebook. Sie scrollen sich durch die Neuigkeiten ihrer Facebook-Community. Was ihnen gefällt, bekommt ein »Like«. Neun tippen SMS oder beantworten Whatsapp-Nachrichten. Zwei telefonieren. Einer schießt ein Selfie. Drei hören Musik, die von Spotify kommt. Ein ganz normaler Morgen für Angehörige der Generation »always on«.
Ständige Aufmerksamkeit bedeutet auch Stress. Glenn Wilson, Psychiater am King’s College in London, hat nachgewiesen, dass die Ablenkung durch ständige Text- und Telefonbotschaften eine größere Gefahr für den Intelligenzquotienten und die Konzentration des Menschen darstellt als der Konsum von Cannabis.

So krass, bei diesem Screenshot musste ich weinen: Mit Babys, Drogen und Riesenspinnen fangen Websites wie heftig.co und BuzzFeed Klicks; statt Berichterstattung gibt es Rührgeschichten.
Dennoch: Wer Studierende befragt, wird kaum jemanden finden, der angibt, sein Smartphone nicht ständig im Blick zu haben. Besonders hoch im Kurs bei den Studierenden steht Facebook. Den hohen Stellenwert dieser Social-Media-Plattform – besonders bei der Generation der 14- bis 29-Jährigen – belegt auch die ARD/ZDF-Onlinestudie 2013: Danach verbringt diese Zielgruppe im Durchschnitt 218 Minuten täglich im Netz, die Hälfte davon in sozialen Netzwerken. Mehr als ein Drittel dieser Zeit (37 Prozent) entfällt allein auf Facebook. Aber längst nicht nur die Digital Natives nutzen das Netzwerk. 27,38 Millionen Menschen in Deutschland waren laut dem Blog allfacebook.de im Januar 2014 auf Facebook aktiv.
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Das Spiegel-Interview (7/2015) mit Christoph Maria Fröhder war eine Abrechnung mit Tagesschau und Tagesthemen. Darin lässt sich der erfahrene Krisenreporter unter anderem über die »sprachliche Verlotterung« aus, schimpft über die Ausdrucksweise von Chefredakteur Kai Gniffke, ständiges Geduze und Grammatikfehler in den Beiträgen. Message fragt nach, was dran ist an Fröhders Kritik, die neudeutsch wohl als analoger (Vorsicht Anglizismus!) Rant durchgehen würde*. Wie steht es um die Sprachpflege im deutschen Journalismus? Redakteure und Sprachwissenschaftler antworten.
Teil III
Warum heißt »Message« eigentlich nicht »Botschaft«?
von Peter Littger
Einen Gastbeitrag über Anglizismen in unserer Sprache und speziell im Journalismus zu verfassen, der dann in einem deutschsprachigen Fachmagazin veröffentlicht wird, das sich »Message« nennt, ist ein trefflicher Zufall. Denn warum heißt das Magazin nicht »Botschaft«, »Nachricht« oder gar »Funkspruch«? Weil das hölzern klingen würde und jeweils semantisch verengt wäre – also weit weniger einladend und elegant als der englischsprachige Titel. Einladend und elegant? Selbstverständlich funktionieren und wirken nicht alle Anglizismen in der deutschen Sprache so, wenn ich nur an modische Floskeln wie »rocket science« oder »learnings« denke. Ich jedenfalls spreche lieber von »Zauberei« und von »Lehren«, »Einsichten« oder »Rückschlüssen«. Doch was ist mit »Managern« oder »Mimikry«? Mit »Computern« oder »Laptops«? Klar,
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Terror, Krieg und Völkermord – Andreas Werner ist der oberste Sprachpfleger der Tagesschau-Redaktion und hat als Hüter der Richtlinien die Aufgabe, den Gebrauch von Wörtern wie zu kontrollieren. Ein Gespräch mit dem Chef vom Dienst über die Feinheiten der Nachrichtensprache.
Herr Werner, was muss man tun, um von der Tagesschau als Terrorist bezeichnet zu werden?
Werner: Terror herrscht nicht nur, aber vor allem dort, wo Menschen getötet werden, die nicht unmittelbar etwas mit einem Konflikt zu tun haben. Jeder, der einen Anschlag mit politischem Hintergrund verübt und Unschuldige, insbesondere Zivilisten tötet, muss als Terrorist gelten und darf auch Terrorist genannt werden. Es gibt aber auch Gewalt im Zuge militanter Auseinandersetzungen, die nicht bloß terroristische Züge trägt, bei der man es sich mit dem Begriff Terrorismus zu einfach machen würde – beispielsweise im Nahen Osten oder früher in Nordirland.
Was hat sich seitdem geändert?
Man hat – insbesondere nach »9/11« – gesehen, wozu Menschen in der Lage sind, die sich mit Gewalt politisches Gehör verschaffen wollen. Seitdem hat der Terror und damit auch der Begriff des Terrorismus eine neue Dimension. Terror gab es schon immer. Aber der Terror scheint bei extremistischen Kräften »hoffähiger« geworden zu sein. Er gilt radikalen Gruppierungen heute als legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung. Mithin taucht auch in der Nachrichtenwelt der Begriff des »Terrorismus« und des »Terroristen« häufiger auf.
In einigen Regionen ist »Terrorismus« ein Kampfbegriff. Eine verbindliche UN-Definition gibt es nicht, weil der Begriff so stark politisch aufgeladen ist. Warum hält die Tagesschau dennoch an seiner Benutzung fest?

Andreas Werner, 58, ist seit 30 Jahren Redakteur, zuerst bei der Frankfurter Rundschau und Die Woche, seit 1993 arbeitet er bei ARD-aktuell. Dort ist Werner seit 2001 Chef vom Dienst der Tagesschau und vor allem für die Tagesschau um 20 Uhr verantwortlich.
Ich glaube nicht, dass der Terrorismus nur ein »Kampfbegriff« ist. Der Begriff impliziert eine besonders grausame Form, Konflikte auszufechten; Konflikte, die es ja in der Tat gibt. Die aber immer häufiger abseits dessen ausgetragen werden, was wir ehemals »Krieg« oder »Bürgerkrieg« nannten. Dabei muss immer wieder erwähnt werden, dass Terror ja nicht nur von militanten Gruppen ausgeübt wird, sondern auch von autoritären, totalitären und diktatorischen Regierungen. Terror ist also nicht exklusiv bei Al-Kaida oder dem »Islamischen Staat« verortet. Und auf der
anderen Seite ist etwa die »Hamas« nicht per se terroristisch.
Die Hamas schickte Menschen in Busse, und die sprengten sich darin in die Luft – unabhängig davon, ob Soldaten oder Zivilisten im Bus saßen.
Wir waren nicht zurückhaltend damit, diese Anschläge »Terroranschläge« zu nennen – weil sich die Attentate gegen unschuldige Menschen gerichtet haben.
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Das Spiegel-Interview (7/2015) mit Christoph Maria Fröhder war eine Abrechnung mit Tagesschau und Tagesthemen. Darin lässt sich der erfahrene Krisenreporter unter anderem über die »sprachliche Verlotterung« aus, schimpft über die Ausdrucksweise von Chefredakteur Kai Gniffke, ständiges Geduze und Grammatikfehler in den Beiträgen. Message fragt nach, was dran ist an Fröhders Kritik, die neudeutsch wohl als analoger (Vorsicht Anglizismus!) Rant durchgehen würde*. Wie steht es um die Sprachpflege im deutschen Journalismus? Redakteure und Sprachwissenschaftler antworten.
Teil II
Journalisten sind keine Sprachpfleger
von Horst Pöttker
Fröhders fulminante Kritik am Nachrichtenjournalismus des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ist nötig. Dass ihn die Aufsager vor Ministerien nerven, ist ebenso verständlich wie seine Aversion gegen Journalisten, denen administrative Vorgaben alles sind. Mir geht es nur um sein Klagen über sprachliche Verlotterung.
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Seit mehr als 60 Jahren erklärt die Tagesschau die Welt – vor allem in den ersten Jahrzehnten leider nicht immer besonders verständlich. Wie die Tagesschau das Sprechen lernte.
von Anna Wahdat

Seit den 1960er Jahren wird der Sendung immer wieder vorgeworfen, ihre Nachrichten seien zu kompliziert. Foto: sebibrux/flickr
»Guten Abend, meine Damen und Herren. Ich begrüße Sie zur Tagesschau.« Irgendetwas war anders an diesem Märztag 2012. Es menschelte plötzlich in der 20-Uhr-Nachrichtensendung im Ersten. Der Zusatz »Ich begrüße Sie«, den der Sprecher damals sagte, war neu – eine Veränderung nach beinahe 60 Jahren Tagesschau. »Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass die Tagesschau am Anfang und am Ende noch zuschauerfreundlicher gestaltet werden kann«, sagte damals Thomas Hinrichs, seinerzeit 2. Chefredakteur von ARD-aktuell und heute Informationsdirektor beim Bayerischen Rundfunk. Zuschauerfreundlichkeit also als erklärtes Ziel der Nachrichtensendung, die – laut einer Quotenauswertung des Marktforschungsinstituts media montrol 2012 – die niedrigsten Zuschauerzahlen seit 20 Jahren verzeichnete: 4,92 Millionen Menschen schauten demnach im Durchschnitt die Tagesschau, 20 Jahre zuvor noch 8,33 Millionen. Die ARD bestritt zwar das Ergebnis dieser Studie. Mit einem offenen Kritikpunkt, der stets auch mit Einschaltquoten in Verbindung gebracht wird, werden die Tagesschau-Macher jedoch nicht erst seit Kurzem konfrontiert: Unverständlichkeit.
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Das Spiegel-Interview (7/2015) mit Christoph Maria Fröhder war eine Abrechnung mit Tagesschau und Tagesthemen. Darin lässt sich der erfahrene Krisenreporter unter anderem über die »sprachliche Verlotterung« aus, schimpft über die Ausdrucksweise von Chefredakteur Kai Gniffke, ständiges Geduze und Grammatikfehler in den Beiträgen. Message fragt nach, was dran ist an Fröhders Kritik, die neudeutsch wohl als analoger (Vorsicht Anglizismus!) Rant durchgehen würde*. Wie steht es um die Sprachpflege im deutschen Journalismus? Redakteure und Sprachwissenschaftler antworten.
Teil I
Unnötig und unsachlich
von Udo Stiehl
Was Christoph Maria Fröhder beschreibt, ist eine Entwicklung, die keineswegs neu ist – über die in dieser Deutlichkeit aber zu wenig gesprochen wird. Im Nachrichtengeschäft ist ein Wettlauf um »mehr Emotion«, »mehr Nähe« und »bildhafte Texte« entstanden. Mit Worten wird um Aufmerksamkeit und Reichweite gebuhlt: Die Form rückt vor den Inhalt. Viele öffentlich-rechtliche Sender haben sich
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Natürlich muss man Texte würzen – nur nicht mit unnützen Vorsilben,
Phrasen und schiefen Metaphern. Eine Polemik über Sprachmarotten
in deutschen Redaktionen.
von Peter Zudeick

Mit Glutamat – dessen Strukturformel wir hier ein wenig umgestaltet haben – wird das Phrasenschwein erst recht ungenießbar. Illustration: Ute Lederer
Wenn Politiker und andere Gestalten des öffentlichen Lebens öffentlich reden, haben Journalisten viel Spaß. Denn wo viel geredet wird, kommt auch ziemlich viel Unsinn heraus. Und es wird viel geredet, vor allem in der Politik. Viel zu viel. Nicht nur im Bundestag, im Bundesrat, auf Parteitagen, Konferenzen, in Interviews, Talkshows und anderen Sabbelrunden. Vor allem Spitzenpolitiker müssen ständig irgendein Zeug reden. Und so hört sich das dann auch an.
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