#nr15 Spezial | Interview | Krisenberichterstattung

Das eigene Trauma (7. Juli 2015)

Trauma als Tabu? Die Psychotherapeutin Fee Rojas coacht Journalisten zum Thema „Umgang mit extremen Belastungssituationen“. Im Interview mit Message erklärt sie, warum es immer noch eine große Hemmschwelle unter Journalisten gibt, auf die eigene Betroffenheit zu schauen und warnt Journalisten vor einer Sekundär-Traumatisierung.

Ein Interview von Lea Freist (mehr …)

Handwerk | Interview

Komfort versus Konfrontation (21. Mai 2015)

Ob im Interview, der Talkshow oder in der Recherche: Fragen sind das wichtigste Handwerkszeug des Journalisten. Aber welche sind wann die richtigen? Die Lösung liegt in der Perspektive des Gegenübers.

Von Johannes Prokopetz

Wer? Wie? Was? Wieso, weshalb und warum stellen wir eigentlich Fragen, wie wir sie stellen? Foto: Véronique Debord-Lazaro (CC-BY-SA)

Immer die richtige Frage zum richtigen Zeitpunkt – das wär’s. Nur ist dieselbe Frage an dem einen Punkt des Gesprächs hilfreich, an dem anderen ein Stopper. Herauszufinden ist, warum? Und: Wonach lassen sich Fragen so unterscheiden, dass sie in einem Gespräch oder Interview strategisch an den Stellen platziert werden können, an denen sie besonders wirksam sind?

Der in jeder Journalisten-Ausbildung als elementar gelehrte Gegensatz zwischen „offenen“ und „geschlossenen“ Fragen führt interessanterweise nicht weiter. Auch W-Fragen („offene“) können entgegen der reinen Lehre auf Festlegungen zielen („Wie viele Leute waren dort?“, „Welchen Antrag haben Sie unterstützt?“). Und „geschlossene“ Fragen haben oft die Funktion, nicht nur einsilbige Antworten zu provozieren, sondern nach einem ersten „ja“ oder „nein“ ohne weiteren Anstoß zum Erzählen oder Weiter-Erzählen zu animieren. Offenbar ist die Konzentration auf das Formale, auf „Fragepronomen oder nicht“ keine Systematik, die Orientierung für die Praxis bieten könnte [1].

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Interview | Sprache

»Nicht zum ›Sprachrohr‹ machen lassen« (18. März 2015)

Terror, Krieg und Völkermord – Andreas Werner ist der oberste Sprachpfleger der Tagesschau-Redaktion und hat als Hüter der Richtlinien die Aufgabe, den Gebrauch von Wörtern wie zu kontrollieren. Ein Gespräch mit dem Chef vom Dienst über die Feinheiten der Nachrichtensprache.

Herr Werner, was muss man tun, um von der Tagesschau als Terrorist bezeichnet zu werden?

Werner: Terror herrscht nicht nur, aber vor allem dort, wo Menschen getötet werden, die nicht unmittelbar etwas mit einem Konflikt zu tun haben. Jeder, der einen Anschlag mit politischem Hintergrund verübt und Unschuldige, insbesondere Zivilisten tötet, muss als Terrorist gelten und darf auch Terrorist genannt werden. Es gibt aber auch Gewalt im Zuge militanter Auseinandersetzungen, die nicht bloß terroristische Züge trägt, bei der man es sich mit dem Begriff Terrorismus zu einfach machen würde – beispielsweise im Nahen Osten oder früher in Nordirland.

Was hat sich seitdem geändert?

Man hat – insbesondere nach »9/11« – gesehen, wozu Menschen in der Lage sind, die sich mit Gewalt politisches Gehör verschaffen wollen. Seitdem hat der Terror und damit auch der Begriff des Terrorismus eine neue Dimension. Terror gab es schon immer. Aber der Terror scheint bei extremistischen Kräften »hoffähiger« geworden zu sein. Er gilt radikalen Gruppierungen heute als legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung. Mithin taucht auch in der Nachrichtenwelt der Begriff des »Terrorismus« und des »Terroristen« häufiger auf.

In einigen Regionen ist »Terrorismus« ein Kampfbegriff. Eine verbindliche UN-Definition gibt es nicht, weil der Begriff so stark politisch aufgeladen ist. Warum hält die Tagesschau dennoch an seiner Benutzung fest?

Andreas Werner, 58, ist seit 30 Jahren Redakteur, zuerst bei der Frankfurter Rundschau und Die Woche, seit 1993 arbeitet er bei ARD-aktuell. Dort ist Werner seit 2001 Chef vom Dienst der Tagesschau und vor allem für die Tagesschau um 20 Uhr verantwortlich.

Andreas Werner, 58, ist seit 30 Jahren Redakteur, zuerst bei der Frankfurter Rundschau und Die Woche, seit 1993 arbeitet er bei ARD-aktuell. Dort ist Werner seit 2001 Chef vom Dienst der Tagesschau und vor allem für die Tagesschau um 20 Uhr verantwortlich.

Ich glaube nicht, dass der Terrorismus nur ein »Kampfbegriff« ist. Der Begriff impliziert eine besonders grausame Form, Konflikte auszufechten; Konflikte, die es ja in der Tat gibt. Die aber immer häufiger abseits dessen ausgetragen werden, was wir ehemals »Krieg« oder »Bürgerkrieg« nannten. Dabei muss immer wieder erwähnt werden, dass Terror ja nicht nur von militanten Gruppen ausgeübt wird, sondern auch von autoritären, totalitären und diktatorischen Regierungen. Terror ist also nicht exklusiv bei Al-Kaida oder dem »Islamischen Staat« verortet. Und auf der
anderen Seite ist etwa die »Hamas« nicht per se terroristisch.

Die Hamas schickte Menschen in Busse, und die sprengten sich darin in die Luft – unabhängig davon, ob Soldaten oder Zivilisten im Bus saßen.

Wir waren nicht zurückhaltend damit, diese Anschläge »Terroranschläge« zu nennen – weil sich die Attentate gegen unschuldige Menschen gerichtet haben. (mehr …)