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Unverzichtbarer Unterstützer

Für ihr Engagement im Bereich Wissenschaftsjournalismus wird die Redaktion des Science Media Center Germany mit dem Leuchtturm-Sonderpreis ausgezeichnet

von Christine Leitner

Neue Formate wie das „Coronavirus-Update“ des NDR zeigen: Die Pandemie kann eine Chance für den (Wissenschafts-)Journalismus sein. Gleichzeitig stellt sie Redaktionen vor neue Herausforderungen – vor allem im Hinblick auf hausinterne wissenschaftliche Expertise. Jeden Tag gibt es neue Infektionszahlen, Preprints von Studien warten auf Einordnung und echte sowie vermeintliche Expert*innen überbieten sich mit neuen Erkenntnissen und Ratschlägen für Politik und Gesellschaft.

Nah dran, trotzdem kritisch

In diesem Chaos sei das Science Media Center Germany (SMC) „zu einem unverzichtbaren Unterstützer vieler Wissenschaftsjournalisten geworden“, betonte die Medizinjournalistin Nicola Kuhrt in ihrer Laudatio zur Vergabe des diesjährigen Leuchtturm-Sonderpreises. Sich selbst bezeichnete Kuhrt als „überzeugte Nutzerin“ des kostenlosen Angebots.

Mehr als 1.100 Journalist*innen haben den Service der unabhängigen Wissenschaftsredaktion mit Stammsitz in Köln bereits abonniert. Während das britische Vorbild eher als Presseverein der Wissenschaft gilt, zielte die Gründung des deutschen SMC darauf ab, die Berichterstattung über Wissenschaftsthemen durch die Expertise unabhängiger Expert*innen zu unterfüttern.

Nah an der Wissenschaft und trotzdem kritisch. Heute zählt die SMC-Datenbank 400 Expert*innen unterschiedlichster Fachrichtungen. Ihre Einschätzungen zu aktuellen Themen dürfen Journalist*innen ohne Angabe der Quelle nutzen.

Während der Pandemie erstellt das SMC zusätzlich kommentierte Listen relevanter Studien über Covid-19. Datenreports helfen bei der Einordnung von Statistiken, Factsheets fassen komplizierte Themen leicht verständlich zusammen, und in (Online-) Pressekonferenzen stellt das SMC Kontakt zu führenden Forscher*innen her.

Beinahe hätte es das SMC nie gegeben. Klaus Tschira, Mitbegründer des Softwareunternehmens SAP und designierter Geldgeber des Projektes, starb kurz vor der Unterzeichnung der Gründungsurkunde. Doch die nach ihm benannte Stiftung sprang ein, so dass das SMC seit nunmehr fünf Jahren seine Dienste anbieten kann. Ein Service, der dankend angenommen wird: Rund 500 verschiedene Medien zitierten die vermittelten Expert*innen bisher.

In den Fokus rücken

Redaktionsleiter Volker Stollorz hofft, durch die Arbeit des SMC die Wissenschaft in den gesellschaftlichen Fokus zu rücken und das Vertrauen in die Expert*innen zu stärken. Denn nur mithilfe wissenschaftlicher Expertise könnten fundierte Entscheidungen für die Gesellschaft getroffen werden, sagte Stollorz. Ziel des SMC sei es, „zu zeigen, dass die Berichterstattung mit wissenschaftlichen Argumenten besser wird. Selbst dort, wo sie Wissenschaft kritisiert.“ Die Pandemie, so Stollorz, sei „eine gute Zeit, um allen Nicht-Wissenschaftsjournalisten zu zeigen, warum es auch diese Spezialität gibt“.

 

2. September 2020