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Unverzichtbar – aber ohne Rückendeckung?

Stringer sind die Strippenzieher der Auslandsjournalisten: Die lokalen Mitarbeiter ausländischer Medienvertreter stellen Kontakte zu Einheimischen her, übersetzen und recherchieren. Ohne sie geht es – insbesondere in Krisengebieten – nicht. Doch ihr Einsatz stellt häufig ein persönliches Risiko dar, abgesichert sind die Freiberufler durch deutsche Redaktionen selten.

von Lea Freist und Anna Ullrich

“We are the lifeline of foreign journalists”

Nat Sumon

Nat Sumon

Nat Sumon betreibt in Bangkok (Thailand) eine Modelagentur. Gleichzeitig arbeitet sie als Fixerin und Producerin für bekannte ausländische Medien wie Al Jazeera, den britischen Channel 4, den Guardian, den Londoner Telegraph und die ARD.

Seit einem Militärputsch im Mai 2014 wird die Lage für unabhängige Medien immer gefährlicher, die Militärjunta hat Journalisten bereits massiv bedroht.

Auch Nat Sumon hat bei der Arbeit schon einige brenzlige Situationen erlebt, wie sie berichtet:

“Sometimes we are chasing some bad guys, doing undercover jobs. In the protest people are fighting and then teargas has been thrown.”

Nat Sumon über die Absicherung durch Verträge und die Verantwortung der Auftraggeber:

“I think most of the time the employers would be responsible – to a certain level. It depends on how far you go.”

“If we have developed trust in our relationship we are actually the lifeline of the foreign journalist. Because most of the time there are some unwritten rules or some subculture that you do not understand. So in large, I think we might be better off getting out of a problem.”

“If you work as a fixer long enough, you have to make sure that you know who hires you and what they want you to do. Because sometimes there are some crazy networks or more adventurous channels. And they do things that could be a danger to the local person who will be left behind.”

“We have to follow their rules, right? We are living here.”

Naw Say Phaw​Waa

Naw Say Phaw​Waa

Naw Say Phaw​Waa ist Redakteurin der Myanmar Times in Mawlamyaing (Myanmar). Nebenbei arbeitet sie seit vier Jahren als Stringerin für ausländische Journalisten.

Die ehemalige Militärdiktatur öffnet sich dem Westen. 2012 wurde die Pressezensur aufgehoben, Medien genießen neue Freiräume. Trotzdem ist Myanmars neue Pressefreiheit brüchig.

“We did not want to fight with the government officials, because we have to follow their rules, right? We are living here.”

“If the government does not like your story, they can sue you. So, it is very difficult for us.”

„Wenn es Helden gibt, sind es genau diese Leute“

Christoph Bangert

Christoph Bangert

Christoph Bangert ist Journalist und Fotograf. Er berichtet vor allem aus Kriegs- und Krisengebieten wie Afghanistan, Irak, Palästina, Indonesien und Nigeria.

Christoph Bangert über die Zusammenarbeit mit Stringern und die Verantwortung deutscher Medien:

„Extremsituationen bringen das Allerbeste und das Allerschlechteste im Menschen hervor.“

„Wenn es Helden gibt, sind es genau diese Leute“

„Ohne diese Menschen geht es nicht!“

Nadine Mierdorf berichtete als Reporterin vor Ort für N24 unter anderem über den Sturz von Regierungschef Mursi in Ägypten, den Taifun Haiyan auf den Philippinen und den Gaza-Krieg.

Nadine Mierdorf

Nadine Mierdorf

Der Kontakt zwischen ausländischen Journalisten und einheimischen Stringern und Producern entsteht meist durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Man verlässt sich auf Empfehlungen von Kollegen, die kompetente Stringer vor Ort kennen.

„Ich verlasse mich auf die Kompetenz dieser Menschen, ohne die es ehrlich gesagt nicht geht!“

„Stringer und Fixer sind für mich fast wichtiger als meine Chefs bei der Zeit“

Wolfgang Bauer studierte Islamwissenschaft, Geographie und Geschichte und berichtet aus Krisenregionen weltweit als ressortunabhängiger Reporter für die Zeit. Nach der Rückkehr aus der Elfenbeinküste und seiner Reportage über das Leid psychisch Kranker in Westafrika gründeten er den gemeinnützigen Verein „Freundeskreis St. Camille“.

Wolfgang Bauer / Foto: Stanislav Krupar

Wer in einem Krisen- oder Kriegsgebiet zusammenarbeitet, kommt sich automatisch näher. Dabei entstehen zwischen Journalisten und Fixern nicht selten Freundschaften, die über die berufliche Ebene hinausgehen.

„Stringer und Fixer sind für mich fast wichtiger als meine Chefs bei der Zeit“

„Stringer und Fixer sind das Rückgrat des Auslandsjournalismus“

Christian Mihr

Christian Mihr

Christian Mihr ist seit 2012 Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen (ROG) in Berlin. Die Nichtregierungsorganisation (NGO) setzt sich weltweit für die Pressefreiheit und gegen Zensur ein und kämpft für die Freilassung aus politischen Gründen inhaftierter Journalisten.

“In vielen Fällen sind Stringer und Fixer diejenigen, die vergessen werden – gerade, wenn es zu Bedrohungssituationen kommt. Je mehr freier Journalismus im Auslandsjournalismus eine Bedeutung hat, desto schlimmer ist die Situation für Stringer und Fixer. Denn von Freien, die im Ausland unterwegs sind, übernehmen Medien dann sehr oft Texte, aber keine Verantwortung. Es gibt durchaus Verlage, die das tun. Aber gerade bei Freien ist das nicht immer der Fall. Oft fehlt einfach auch das Bewusstsein dafür, dass die Freien vor Ort mit Stringern zusammenarbeiten.”

2014 wurden 178 Journalisten wegen ihrer Arbeit inhaftiert.​ C​hristian Mihr über den Einfluss von Öffentlichkeit:

“Wir wissen von vielen Freigelassenen, dass manches auch zu Inhaftierten durchdringt. Diese Informationsschnipsel können eine große Motivation ausüben.”

In jüngster Vergangenheit sind es nicht mehr nur Staaten, die der Pressefreiheit kritisch gegenüber stehen und dadurch eine Bedrohung für Journalisten darstellen. Durch nicht-staatliche Organisationen wie den Islamischen Staat oder die mexikanische Drogenguerilla verschärft sich die Lage. Christian Mihr über die veränderte Bedrohungslage für Journalisten im Ausland:

 

 

17. August 2015