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Faktenchecks im Check

„Fake News“ bekämpfen – aber richtig

von Marie Kerres

Im Durchschnitt kommen 68 Prozent der Deutschen einmal pro Woche mit Desinformation in Kontakt. Vielen fällt es schwer, Propaganda und anderes als Falschnachrichten zu identifizieren. Wir haben Tipps gesammelt, wie Redaktionen effektiv über „Fake News“ aufklären können.

Falschbehauptung nicht ­wiederholen!

Online lesen viele Nutzer*innen nur die Überschrift. Da das Gehirn meist die Überschrift abspeichert, sollte die Falschaussage darin nicht wiederholt werden – sonst verstärkt sich möglicherweise der Irrglaube. Auch Verneinungen sollten vermieden werden, erklärt Maren Urner, Professorin für Medienpsychologie: „Das ist eine zusätzliche Komplexitäts-Ebene, in der wir das, was verneint wird, immer mit abspeichern.“

Nicht lang schwafeln!

Faktenchecks sind oft zu lang. Christian P. Hoffmann, Professor für Kommunikationsmanagement an der Universität Leipzig, erklärt: „Je länger, je komplexer und ausführlicher ein Faktencheck ist, desto unwahrscheinlicher ist, dass das jemand liest.“ Das weiß auch Valerie Scholz. Die Journalistin ist Gründerin von „Facts for Friends“ und will komplizierte Faktenchecks etablierter Redaktionen sinnvoll kürzen. Doch das Feedback der Nutzer*innen lautet: Die Texte sind im Anschluss an die Überarbeitung immer noch zu lang.

Für den schnellen Überblick bietet es sich in jedem Fall an, das Ergebnis des Faktenchecks gleich am Anfang mitzuteilen. Für mehr Kontext können danach weitere Quellen aufgelistet werden.

(K)ein Label nutzen!

Einordnende Labels wie „Falsch“ oder „Fehlender Kontext“ können je nach Leserschaft Hilfsmittel oder Abschreckung sein. Unerlässlich ist daher, sich im Vorfeld genau zu überlegen, wer die Zielgruppe des Faktenchecks ist, und dann über den Einsatz von Labels oder Markern zu entscheiden.

Für Leser*innen, die Falschinformationen glauben oder arglos teilen, sind Labels eine gute Sache, so Alice Echtermann von Correctiv.Faktencheck: „Die Leser*innen sollen sehen, dass wir auf die gleiche Art von Falschinformation immer gleich reagieren.“

Wenn hingegen die Menschen erreicht werden sollen, die „Fake News“ wissentlich verbreiten, sind Marker problematisch. Statt ihr Weltbild durch konfrontative, wertende Labels zu erschüttern, empfiehlt die Medienpsychologin Urner, einen Schritt zurückzugehen, mit Emotionen zu arbeiten und zu fragen: „Woher kommt dieser Glaubenssatz?“

Auf Social Media teilen!

In sozialen Netzwerken verbreiten sich „Fake News“ besonders schnell. Deshalb sollten dort auch die Faktenchecks veröffentlicht werden. „Das ist der sensible Raum, in dem es emotional wird. Je emotionaler, desto intensiver sind wir involviert und speichern Dinge ab“, argumentiert Urner. „Facts for Friends“ arbeitet die gekürzten Faktenchecks beispielsweise explizit als Sharepic oder Kurzvideos auf. Näheres hier: https://www.factsforfriends.de

12. Oktober 2022