Editorial

Liebe Leserinnen, Liebe Leser
Michael Haller

lesen Sie auch in den Branchendiensten diese Manifeste, Pamphlete und Thesen über die Zukunft des Journalismus? Wortstarke Journalisten verkünden, dass man sich neu erfinden und die Möglichkeiten der digitalen Welt kreativ gestalten solle, dass Journalismus interaktiv, multi- und crossmedial werden müsse, dass er Visionen haben und natürlich das Storytelling beherrschen solle (das Wort Erzählen wirkt ja bereits gestrig).

Das ist alles sehr anregend – aber doch eher utopisch. Realistischer indessen ist die damit verbundene Ermunterung, die breite Denkstraße des Mainstreams zu verlassen und innovativ zu arbeiten, inklusive der damit verbundenen Risikobereitschaft. Und wenn man genauer hinsieht in die Winkel und Ecken der Branche, dann entdeckt man tatsächlich spannende, aufregende und auch finanziell funktionierende Produktionen: Aus der Nische zum Erfolg, so könnte man viele der Geschäftsideen zusammenfassen, die wir in diesem Heft porträtieren und diskutieren (S. 8 bis 25). Das Bemerkenswerte: Da wurde das Rad nicht neu erfunden, sondern das Neue aus dem Bekannten entwickelt. Zukunftssicherung ist nun mal kein revolutionärer, vielmehr ein evolutionärer Prozess.

Wie geht Zukunftssicherung? Dies ist in Zeiten des dynamischen Wandels die wohl anspruchsvollste Frage für Zeitungsredaktionen. Ihre Organisation und ihr Workflow folgen – trotz Newsdesk und Crossmedia – ja weithin den Routinen der 1980er Jahre. Wie der erforderliche Change-Prozess aussieht und wo er beispielhaft in Gang gesetzt worden ist, schildern die Berater Christian Sauer und Rüdiger Klepsch sowie die Redaktionsleiter Claus Morhart und Carsten Heil auf den Seiten 58 bis 71.

Aus den Krisen- und Kriegsgebieten erreichen uns meist nur zensierte Nachrichten und Bilder; sie verschweigen, was der kriegsführenden Partei missfällt. Dieses Problem ist so alt wie die Kriegsberichterstattung. Doch wie gehen die Journalisten mit der Zensur um, wenn Krieg und Kontrolle zum Alltag geworden sind? Wie der Alltag der Journalisten in Israel und vis-a-vis in Palästina aussieht, beleuchtet unser dritter Schwerpunkt auf den Seiten 26 bis 35.

Und wenn schon von Zensur und Überwachung die Rede ist: Unser Podium hat für Sie auf acht Seiten die Ansichten, Meinungen und Positionen zusammengestellt, die Publizisten im In- und Ausland zum vermutlich größten Überwachungs-Skandal der Nachkriegszeit geäußert haben. Und wir teilen die Verwunderung des Autors und Rechtsanwalts Oliver Pragal darüber, dass so viele Journalisten diesen Skandal anscheinend klaglos hingenommen haben.

Mit dieser Ausgabe verabschiede ich mich aus dem Kreis der verantwortlichen Herausgeber. Inzwischen ist Message am Lehrstuhl meines Kollegen Volker Lilienthal an der Universität Hamburg heimisch geworden, dort wird das Heft aufs Beste betreut und von den verbliebenen Herausgebern Lutz Mükke und Volker Lilienthal verantwortet und weiterentwickelt. Als Gründungsherausgeber wünsche ich beiden viel Erfolg und Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, weiterhin eine spannende, aufschlussreiche Message-Lektüre.

Dass Sie diese und die übrigen Beiträge dieses Heftes mit Gewinn lesen, wünscht Ihnen mit herzlichem Gruß

Ihr

Michael Haller

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