Offshore Leaks
Zwei Netzwerke – zwei Philosophien

ICIJ und Wikileaks machen mit der Veröffentlichung von geheimen Daten weltweit Schlagzahlen. Ihr Ziel ist das gleiche, doch im Umgang mit den sensiblen Informationen unterscheiden sie sich deutlich.

von Sebastian Mondial

Eine Steuer-CD wirkt im Zeitalter großer Datenmengen fast schon mickrig. Heute werden Journalisten ganze Festplatten zugespielt. Vollgestopft mit Daten, die hunderte CDs füllen. Diese Datenmengen sind Neuland für Aktivisten wie Journalisten: Wo früher ein geheimer Aktenordner noch in einer Nacht gelesen werden konnte, sind es heute viele hunderttausend Dateien, die selbst von personell gut ausgestatteten Rechercheteams in Redaktionen nicht in vollem Umfang gelesen oder eingeordnet werden können.

An diesem Punkt kommen Organisationen wie Wikileaks oder das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) als neue Anlaufpunkte für große Datenlecks ins Spiel: Unabhängig und nicht gewinnorientiert, können sie Großprojekte zu den vorliegenden Informationen anschieben, die im journalistischen Alltag einer einzelnen Redaktion nicht zu stemmen wären. Beide Organisationen fangen am gleichen Ausgangspunkt – dem Leck – an und teilen ein Ziel: Transparenz und Kontrolle der Mächtigen. Doch es gibt auch deutliche Unterschiede:

Informationseingang

Schon der erste Schritt, die Datenübermittlung, ist für die Whistleblower heikel. Informanten sollten frühzeitig auf potenzielle Risiken hingewiesen werden – sind sie bei der ersten Kontaktaufnahme nicht vorsichtig genug beim Schutz der eigenen Identität, ist das später nicht mehr durch Aktivisten oder Journalisten korrigierbar. Die Enttarnung von Bradley Manning, dem Übermittler von US-Depeschen, macht deutlich, wie wichtig eine umfängliche Betreuung der Quellen ist, und welches Risiko diese eingehen. In seinem Fall droht eine lebenslange Haftstrafe.

Wikileaks setzte auf ein System, bei dem die Informationen über einen anonymen Briefkasten eingereicht werden konnten. Doch die digitale Dropbox ist seit 2010 nicht mehr öffentlich erreichbar. Der ehemalige Wikileaks-Aktivist James Ball, der mittlerweile als Journalist beim Guardian arbeitet, stellte im April dieses Jahres fest, dass der Link zur Website sunshinepress.org nicht funktioniert.
Das ICIJ setzt bislang auf auf Hinweise von Mitgliedern und Einsendungen per E-Mail oder Post. Noch gibt es keine anonyme Dropbox. Sie soll aber in Kürze eingerichtet werden und eine risikoarme Datenübermittlung, die nur von einer Handvoll Journalisten gelesen und ausgewertet werden kann, ermöglichen. Die Journalisten und die anonyme Quelle können darüber auch in Kontakt bleiben und den Austausch weiterer Informationen besprechen …

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