Die Weißwäscher
„Wir drohen handzahm zu werden“

PR-Profis kämpfen mit immer härteren Bandagen gegen kritische Berichterstattung. Der Filmemacher Tom Heinemann erklärt im Interview, warum der Kampf um die Wahrheit eine neue Dimension erreicht hat.

von Malte Werner

Herr Heinemann, was haben Sie eigentlich gegen den Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus?
Heinemann: Ich habe nichts gegen ihn persönlich. Aber als kritischer Journalist lasse ich mich nicht von Titeln blenden. Wenn ich das Gefühl habe, irgendetwas stinkt zum Himmel, dann muss ich dem nachgehen – egal um wen es geht. Ich vermute auch eher, dass er mich hasst.

Hätte er nicht auch allen Grund dazu? Immerhin hat er Sie dafür verantwortlich gemacht, dass ihm sein Lebenswerk, die Grameen Bank, entrissen wurde.
Yunus hat in einem Interview behauptet, mein Film »The Micro Debt« sei der Grund für seine Absetzung als Chef der Grameen Bank gewesen. Er hat das später interessanterweise nicht wiederholt, sondern die Schuld für seine Absetzung Sheikh Hasina, Premierministerin von Bangladesh, gegeben.

Sie bringen mit Ihren TV-Dokumentationen immer wieder die Mächtigen – ob Politiker, Unternehmen oder Institutionen – gegen sich auf. Im vergangenen Jahr gab es Zoff mit EU-Kommissarin Connie Hedegaard wegen Ihres jüngsten Films »The Carbon Crooks« über den Emissionshandel. Warum?
Ich kenne Connie noch vom dänischen Rundfunk. Sie war dort mal mein Boss und wusste, dass ich kritische Fragen stelle. Es hätte sie also nicht überraschen sollen, als ich sie für den Film interviewte. Ich hatte ihr im Vorfeld auch erklärt, worum es in etwa gehen sollte – den Handel mit gestohlenen Emissionszertifikaten der EU. Doch als ihr die Fragen im Gespräch zu heikel wurden, schaltete sich ihr persönlicher Assistent ein. Das Interview war zu Ende. Statt der vereinbarten Stunde hatten wir nur 40 Minuten. Und da waren die heikelsten Fragen noch gar nicht gestellt.

Wie ging es weiter?
Nach der Erstausstrahlung des Films schickte Ihre Behörde eine umfangreiche Beschwerde an den Sender. Der Film würdige nicht den hohen Einsatz der EU für den Klimaschutz, hieß es da unter anderem. Die Beschwerde wurde von Anwälten des Senders geprüft und größtenteils zurückgewiesen. Doch damit nicht genug. Für eine Vorführung des Films in England brauchte ich von allen Beteiligten eine Einverständniserklärung. Alle bis auf Connie spielten mit. Eine so hochrangige Politikerin tut beleidigt. Das muss man sich mal vorstellen.

Es scheint, als ob juristische Abwägungen immer stärker die Themenwahl kritischer Rechercheure beeinflussen und die journalistische Relevanz als Auswahlkriterium schwächen.
Die Danish Broadcasting Corporation beschäftigt schon jetzt eine ganze Mannschaft von Anwälten und diese Abteilung wird immer größer. Denn auch die Beschwerden beim Presserat häufen sich. Und das zu Recht. 2013 hat die Rundfunkanstalt viele Prozesse verloren, weil sie schlampigen Journalismus im Programm durchgehen ließ. Als Konsequenz daraus wurde eine neue Abteilung gegründet. Sie soll potenzielle ethische Konfliktfelder aufspüren, noch ehe mit den Dreharbeiten begonnen wird. Auch hier bewegen wir uns auf einem sehr schmalen Grat.

Wie meinen Sie das?
Solche Regularien stellen den investigativen Journalismus vor große Herausforderungen. Ich musste eine Geschichte in China aufgeben, weil […]

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