Online-Journalismus
Konkurrenten, Kritiker, Kollegen?

Im schnelllebigen Internet sind Blogs längst Online-Oldtimer. Dabei eignen sie sich besser für Qualitätsjournalismus als andere Formen des Web 2.0. Das haben auch ehemalige Skeptiker erkannt.

von Christoph Neuberger

Eine kleine Zahl von Blogs – oft von Experten und freien Journalisten geschrieben – hat in Deutschland Profil und Einfluss gewonnen. Auch die Redaktionen haben das Blog als attraktive Möglichkeit entdeckt, um sich im Internet zu vernetzen. Dabei ist es entscheidend, Stärken und Schwächen des Blogs im Vergleich mit anderen sozialen Medien zu kennen.

Das Blog ist der Oldtimer unter den sozialen Medien im Internet: Es existierte lange, bevor von »Web 2.0« und »Social Web« die Rede war. Seit 1997 wird die Bezeichnung »Weblog« – oder kurz »Blog« – für die tagebuchartigen Angebote verwendet. Seine Vorläufer waren Newsgroup, Mailingliste und persönliche Homepage, die in den neunziger Jahren die gängigen Formate für Partizipation und Interaktion im Netz darstellten. Dieser Stammbaum wurde später mit sozialen Netzwerken, Videoplattformen, Wikis und anderen sozialen Medien fortgeschrieben.

Mittlerweile nutzen Redaktionen Facebook und Twitter häufiger als Blogs (Neuberger/vom Hofe/Nuernbergk 2010: 64f.). Dies liegt daran, dass sie keine so hohen Anforderungen an die Teilnehmer stellen: Die Kommunikation ist einfacher, kürzer, schneller – und oberflächlicher. Das Blog bietet dagegen bessere Möglichkeiten für das Vertiefen und das kontinuierliche Verfolgen von Themen, für die Personalisierung und den Austausch von Argumenten. Deshalb ist es unter den sozialen Medien am besten für Qualitätsjournalismus geeignet – und noch längst nicht abgeschrieben.

Streit zwischen Bloggern und Journalisten

Doch was ist ein Blog? Diese Frage stellten sich auch Blogger, vor allem in der frühen Phase ihrer Selbstfindung. Oft definierten sie ihre Rolle in strikter Abgrenzung zum Journalismus. Schon der Vergleich mit den machtvollen »Gatekeepern« der alten Medienwelt signalisierte aber die Bedeutung, die Blogger ihrer eigenen Rolle beimaßen. Der Journalismus diente als Kontrastfolie, um die neue öffentliche Sphäre, die »Blogosphäre« zu definieren. Dort sollten andere Regeln gelten als in den Holz- und Äthermedien.

Die Journalisten selbst beobachteten mit einiger Skepsis die neuen Publizisten. Entsprechend gereizt war die Stimmung, die um die Jahre 2004 bis 2008 herrschte. Vor allem die Qualitätspresse sparte nicht mit Kritik: Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete Blogger als »Ritter der Schwafelrunde«, die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung schrieb über die »Blogwarte« des Internets: »Beim Blick in die unendlichen Räume des Netzes macht einen das Gewimmel von bloß Gemeintem, Halbgarem, von Pöbeleien, Befindlichkeitstiraden und geistigen Feuchtgebieten grausen.« Mathias Müller von Blumencron, damals Spiegel Online-Chefredakteur, sagte in einem Interview, dass »99 Prozent der Blogs einfach nur Müll oder zumindest journalistisch einfach nicht relevant sind«. Im Gegenzug zählte Don Alphonso »ein Dutzend gute Gründe« auf, warum Weblogs »der Sarg­nagel für die professionellen Medien im Internet« sein könnten…

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