Rechtsextremismus
Undercover im Nazi-Milieu

Thomas Kuban drehte als Neonazi getarnt rechtsextreme Konzerte in ganz Europa. Lohnt sich das hohe Risiko? Politmagazine ließen den freien Journalisten zu oft im Regen stehen. Nun schmeißt er hin.

von Thomas Kuban

Videomaterial von Gigi? Das wollten am 16. November 2011 viele, wahrscheinlich sogar alle politischen Fernseh-Redaktionen in Deutschland. Denn tags zuvor war der Song »Döner-Killer« bekanntgeworden, in dem – so der Verdacht – die Morde des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) besungen werden. Von der Rechtsrock-Formation »Gigi und die braunen Stadtmusikanten«.

Plötzlich schien die Neonazi-Musik als Thema »Konjunktur« zu haben, wie ich es in mehr als zehn Recherche-Jahren nicht erlebt hatte. Singende Hass-Prediger à la Gigi hatte ich zwar schon oft mit versteckter Kamera gefilmt – das Interesse an dem Material hielt sich allerdings in Grenzen. Ausgerechnet an den MDR, in dessen Gebiet 36 meiner 82 Neonazi-Drehs waren, konnte ich bis heute keine Sekunde verkaufen.

MDR-Redakteure äußerten zwar immer wieder Interesse – dann hatten sie aber kein ausreichendes Finanzbudget, keinen Platz im Beitrag und teilweise nicht einmal Zeit für eine Absage.

Im Fall von Daniel »Gigi« Giese gab es kein Video. Am 20. Juni 2009, als ich ihn beim »European Hammerfest« drehen wollte, hatte ich kein Geld – weil keine Redaktion an meinen vorangegangenen Recherchen interessiert war.

Straftaten bleiben ungestraft

Zwei Wochen vorher hatte ich beispielsweise ein Neonazi-Black-Metal-Konzert in Zeitz (Sachsen-Anhalt) gedreht, in der »Alten Skatklause«. Das städtische Ordnungsamt hatte es verboten, das Verwal­tungs­gericht Halle hat das Verbot aufgehoben. Und dann kam es zu Straftaten, wie es die Stadtverwaltung befürchtet hatte: Konzertbesucher zeigten den Hitlergruß. Die Polizei hatte sich nur vor dem Gasthaus postiert, so dass sie nichts sah und nichts hörte. In einer Pressemitteilung hieß es später: »Es gab für die Polizei keine Gründe bei dieser Musikveranstaltung einzuschreiten« (14. August 2009).

Gerichtlich erlaubte Nazi-Konzerte als faktisch rechtsfreier Raum? Aus meiner Sicht war das ein Skandal und folglich ein Thema. Einem Polit-Magazin nach dem anderen habe ich es angeboten. Vergeblich …

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