Podium
Allein auf sich gestellt

Keine Zeit für Aktenberge, keine Belege für heikle Vorwürfe, keine Distanz zu den Betroffenen – die Probleme für Recherchen im Lokalen sind vielfältig. Wie aber kann man ihnen begegnen?

von Annabell Neuhoff

Die Überschrift war ein echter Hingucker: »Deckte Vorstand den Sparkassen-Betrüger?« war der Artikel von Wolfgang Messner überschrieben, der im März 2001 im Badischen Tagblatt erschien. In der Bildunterschrift formulierte der Reporter den Vorwurf sogar ohne Fragezeichen. Dort hieß es: »Hatten kein Interesse, dass der Fall Hess bei der Sparkasse Lahr-Ettenheim publik wurde: Ex-Vorstandschef Horst Fallbach und Nachfolger Hans-Jörg Seibert«. Heute sagt Messner: »Ziemlich mutig getitelt.« Bei der Runde »Ganz nah dran!? Von den Zwängen der Lokaljournalisten« berichtete Wolfgang Messner über seine Recherche, bei der er der Frage nachgegangen war, wie ein Firmenkundenbetreuer der Sparkasse Lahr-Ettenheim an 13 Millionen Mark kommen konnte. Der Berater habe Geld veruntreut und in der Spielbank Baden-Baden verspielt, so Messners Behauptung damals im Badischen Tagblatt.

Belege? Fehlanzeige

Sie blieb nicht ohne Folgen: Als Reaktion auf den Artikel schalteten die Beschuldigten den Deutschen Presserat ein. Messner geriet unter Zugzwang: Er musste das Gremium vom Wahrheitsgehalt seiner Behauptungen überzeugen. Die erforderlichen schriftlichen Belege hatte Messner aber nicht, denn während seiner Recherche hatte er zwar gute Informanten getroffen, aber kaum Dokumente gesammelt. Zudem hatte er die Protagonisten nicht ausreichend mit seinen Vorwürfen konfrontiert – und ihnen somit auch nicht genügend Möglichkeit gegeben, Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen. Zusätzlich waren ihm Flüchtigkeitsfehler unterlaufen, da er sein Stück neben der Tagesproduktion schreiben musste: ein falsches Datum, ein falscher Name im Artikel.

Vor der Veröffentlichung hatte sich der Journalist nicht von einem Juristen beraten lassen, denn einen hauseigenen Justiziar gab es nicht. Auch die Unterstützung von Kollegen fehlte: »Ich hatte damals keinen Kollegen, der die Professionalität hatte oder das Wissen, mir zu helfen. Dann wären sicher auch Fehler vermieden worden«, sagt Messner. »Ich muss leider sagen, dass ich das Thema damals sehr naiv und blauäugig angegangen bin.«

Das Badische Tagblatt stellte ihm dann, nachdem der Presserat eingeschaltet worden war, einen Presseanwalt zur Seite. Und Messner holte nach, was er zuvor versäumt hatte: »Ich habe wirklich Tag und Nacht nur recherchiert und dann das gemacht, was ich klugerweise vorher hätte machen sollen: nämlich mir die Dokumente beschaffen.« …

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