Podium
Immer wieder Caroline

Wie viel Privates die Medien über Prominente berichtendürfen, das regeln die nationalen Presserechte. Doch diemüssen dem EU-Recht angepasst werden. Trotzdem ist unklar, waserlaubt ist und was nicht.

von Martin W. Huff (rechtsanwalt und Journalist,lehrbeauftragter Der Fh Köln)

Auch gut sechs Jahre nach der spektakulären»Caroline-Entscheidung« des Europäi­schenGerichtshofes für Menschenrechte, EGMR, in Straßburg (Urteilvom 24. Juni 2004 – veröffentlicht in der Neuen JuristischenWochenschrift 2004, 2647) sind die Kriterien, wann und wie überPersonen – insbesondere über Prominente – in denMedien berichtet werden darf, immer noch nicht genau definiert. 2004hatte das Gericht in Straßburg argumentiert, dass durch eine zuintensive Berichterstattung über das Privatleben ProminenterArtikel 8 der Menschen­rechtskonvention, der das Privat- undFamilienleben schützt, verletzt werden kann.

Gegen die durchaus umstrittene Entscheidung hatte die deutscheBundesregierung unter Gerhard Schröder kein Rechtsmitteleingelegt, obwohl die meisten Medienrechtler gute Chancen sahen, dassdas Plenum des EGMR durchaus anders entscheiden könnte. Doch nachlangen Diskussionen haben die deutschen Gerichte auf ihre Art und Weise– gemessen am Grundgesetz – diese Entscheidung in ihrerRechtsprechung umgesetzt.

Das Bundesverfassungsgericht hat nun noch einmal neue wichtigePflöcke eingeschlagen und unterscheidet dabei deutlich zwischenWort- und Bildberichterstattung. Es setzt damit die bisherige Linieeines neuen »Schutzkonzepts« für dieBerichterstattung, das seit 2007 nach der EGMR-Entscheidung entwickeltund immer weiter verfeinert wurde, fort.

Unterscheidung zwischen Wort und Bild

Zeitgleich überprüft aber der EGMR in zwei Verfahren, ob dieneue Linie der deutschen Gerichte mit der EuropäischenMenschenrechtskonvention im Einklang steht. Nach der mündlichenVerhandlung am 13.10.2010 (Aktenzeichen 40660/08, 60641/08 und39954/08) wird im Frühjahr 2011 mit einer Entscheidung gerechnet.

»Immer wieder Caroline von Hannover und ihre Familie – ichkann es nicht mehr hören«, möchte man sagen, wenn manden aktuellen Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats desBundes­verfassungsgerichts vom 14. September 2010 liest (BVerfG,Az. 1 BvR 1842/08, 2538/08 und 6/09 – zu finden unterwww.bundesverfassungsgericht.de).

Doch die Auseinandersetzungen zwischen den Adligen aus Monaco und derdeutschen Boulevardpresse bleiben für die Medien in Deutschlandaktuell. In dem Beschluss vom 14. September ging es um die Frage, unterwelchen Umständen die deutschen Medien über dieCaroline-Tochter Charlotte berichten dürfen. Im Jahr 2007 waren inder Neuen Post und der Bunten Artikel über Auftritte von Charlottebei der Öffentlichkeitsarbeit, unter anderem bei einer Aids-Gala,erschienen.

Die Artikel bestanden meist aus einer Kombination von Bild- undWortberichterstattung. Beides hielt die mittlerweile volljährigeTochter für verboten und klagte auf Unterlassung, diesmal bei denBerliner Gerichten. Und sie gewann sowohl beim LG Berlin als auch beimKammergericht weitgehend. Doch die Medienverlage wollten dies nichtakzeptieren und riefen das Bundesverfassungsgericht an.

Die 1. Kammer des Ersten Senats unter Vorsitz desBVerfG-Vizepräsidenten Ferdinand Kirchhof verdeutlicht in demKammerbeschluss ihre Ansicht zu einer zulässigen Berichterstattungüber Ereignisse der Zeitgeschichte in Bild und Wort. Das Gericht vertritt dabei die Auffassung, dass es im sogenanntenBeschlusswege entscheiden kann, weil der Erste Senat in seinerLeitentscheidung…

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