Sport
Kaum Frauensport, nur Fussball

Italiens »splendid isolation« in der Sportberichterstattung

von Mattia Janett

Das bietet nur das Berichterstattungsfeld »Sport«: eine unendliche Serie von Wettkämpfen, immer neue Rekorde und »Helden« aus allen Bevölkerungsschichten, die oft blitzartig ins Rampenlicht treten und irgendwann die Bühne wieder freigeben.

Wie gehen die Medien in verschiedenen Journalismus-Kulturen Europas mit der Sportberichterstattung um? Das beantwortet am Beispiel von drei überregionalen Tageszeitungen aus Italien, Frankreich und Deutschland meine Forschungsarbeit, die kürzlich an der Universität Lugano abgeschlossen wurde.

Mit einer qualitativen Inhaltsanalyse habe ich über eine künstliche Woche hinweg die Sportteile von Il Corriere della Sera, Le Figaro und der Frankfurter All- gemeinen Zeitung untersucht. Bei Le Figaro und FAZ zeigen sich viele Analogien, der Corriere della Sera präsentiert Sport ganz anders.

Das italienische Blatt beschäftigt sich überwie- gend mit Fußball: Ihm sind rund 57 Prozent der Sportberichterstattung gewidmet. Allenfalls der Motorsport, sprich: die Formel 1, kommt noch vor. Die beiden anderen Blätter erfassen ein weit größeres Spektrum an Sportarten: Fußball dominiert zwar mit rund 36 Prozent Anteil auch in der FAZ und mit knapp 28 Prozent im Figaro. Radsport, Tennis, Leichtathletik, Rennsport, Golf und Segeln kommen aber als weitere, besonders stark vertretene Sportarten hinzu.

Unterrepräsentierte Zielgruppe

Das deutsche und das französische Blatt widmen dem internationalen Sport viel Aufmerksamkeit: Knapp ein Drittel der Berichterstattung (33 Prozent beim Figaro, knapp 31 Prozent bei der FAZ) bezieht sich auf aus- ländische, insbesondere europäische Sportereignisse – und das auch, wenn keine Landsleute daran teil- nehmen.

Die italienische Tageszeitung berichtet hingegen fast ausschließlich über italienische Sportler und über Ereignisse innerhalb Italiens. Noch nicht einmal 17 Prozent der Sportberichterstattung gilt dem Ausland.

Alle drei Zeitungen vernachlässigen den Frauensport – allerdings in unterschiedlichem Ausmaß: Sechs Prozent der Beiträge des Corriere, neun Prozent im Figaro und rund 12 Prozent der Artikel in der FAZ widmen sich Sportlerinnen. Dies ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil derzeit ja in Deutschland gerade Frauen wieder einmal als Zielgruppe von Tageszeitungen »neu« entdeckt werden.

Übersichtliche Leserführung

Auch mit heiklen Aspekten des Sports wie im Doping gehen die drei Zeitungen unterschiedlich um. Le Figaro schenkt mit 12 Prozent Anteil an der Sportberichterstattung im Untersuchungszeitraum die- sem Problem mit Abstand die höchste Aufmerksamkeit, in der FAZ sind es über fünf Prozent, im Corriere drei Prozent.

Sehr ähnlich sind die Ergebnisse, was den Umfang der Sportberichterstattung betrifft. Der Anteil am gesamten redaktionellen Teil beträgt rund fünf Prozent beim Corriere della Sera und beim Figaro sowie knapp sieben Prozent bei der FAZ. Bemerkenswerte Unterschiede gibt es bei der Leserführung: Bei der deut- schen und der französischen Zeitung stehen Verweise auf der Titelseite, beim italienischen Blatt fehlen sie. Die FAZ wirkt übersichtlicher und ordnet Wertungen, Ergebnisse und Programme sportlicher Ereignisse klar. Dieser in Deutschland mehrfach prämierte Sportteil zeichnet sich durch Vollständigkeit und hohe Berichter- stattungskompetenz aus.

Le Figaro reicht nicht ganz an die FAZ heran, der Sportteil des Corriere della Sera fällt klar ab: Er ist thematisch einseitig und bleibt sowohl in der optischen Anmutung als auch in der inhaltlich-journalistischen Aufbereitung des Stoffs hinter den anderen Blättern zurück. Weil aber die ausgewertete Stichprobe sehr klein ist und der Untersuchungszeitraum sich nur über sechs Wochen erstreckt, markieren diese Ergebnisse allenfalls Tendenzen.

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