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Leser-Loyalität durch Newsletter

Neben einem Chefredakteur-Newsletter per E-Mail setzt der Schleswig-Hosteinische Zeitungsverlag auf einen Whatsapp-Letter. Warum, erklärt Online-Chefredakteur Joachim Dreykluft.

Ein Interview von Josefa Raschendorfer

Message: Leser-Blatt-Bindung ist ein wichtiges Thema für Redaktionen wie Ihre – welche Rolle spielen dabei Ihre Newsletter?
Dreykluft: Beim Schleswig-Hosteinischen Zeitungsverlag sprechen wir nicht nur von Leser-Blatt-Bindung, sondern auch von Leser-Loyalität. Wir wollen, dass sich mehr Menschen an unsere digitalen Angebote gebunden fühlen, sich mit ihnen identifizieren und sie für unverzichtbar empfinden. Der Chefredakteur-Newsletter ist einer von zwei Bausteinen, um diese Leser-Loyalität zu erzeugen. Er wendet sich an eine Zielgruppe, die bereits eine gewisse Markenverbundenheit und eine Affinität zu unseren Printprodukten hat. Unser zweiter Newsletter, den wir per WhatsApp verschicken, wendet sich an junge Menschen, die ein Interesse an unseren Inhalten haben, aber sich noch nicht so stark an unsere Marke gebunden fühlen.

Joachim Dreykluft. shz-Online-Chef. Porträt Foto: Martin Jahr/05.02.2012

shz-Online-Chef  Joachim Dreykluft
Foto: Martin Jahr

Mit welchen empirischen Daten messen Sie den Erfolg der Newsletter?
Wir haben den Chefredakteur-Newsletter jetzt seit sechs Wochen und sind im Moment bei 1.500 Abonnenten. Die Öffnungsrate ist mit deutlich über 50 Prozent sehr hoch für einen täglichen Newsletter. Die wichtigste Messgröße ist jedoch die Verweildauer, die bei beiden Newslettern bei über 2,5 Minuten liegt. Fast jeder Abonnent, der einen Artikel aus dem Newsletter anklickt, liest diesen auch ganz durch. Das finde ich sehr erstaunlich.
Der WhatsApp Newsletter hat mit knapp 3.000 Nutzern eine größere Reichweite. Wir hatten eine extrem starke Wachstumsphase, die wir kaum bewältigen konnten. Mehrere Leute waren über mehrere Tage damit beschäftigt, manuell Telefonnummern in ein Smartphone einzutragen. Der Kanal WhatsApp ist zum Versenden von Masseninformationen deshalb eigentlich nicht optimal.

Als Sie sich Gedanken zur Form der Newsletter gemacht haben – was waren wichtige Kriterien?
Das Ziel des Chefredakteur-Newsletters ist es nicht, den Leser mit nackten Informationen zu versorgen, sondern ihm das Gefühl zu geben, redaktionelle Diskussionen und Entscheidungsprozesse miterleben und nachvollziehen zu können.

Ich habe das Gefühl, dass sich der Newsletter von einem ursprünglichen strategischen Tool des Online-Marketings zu einem eigenen journalistischen Produkt entwickelt hat – Ist das so?
Ich glaube, der Newsletter hängt zwischen diesen Formen. Natürlich verfolgen wir ein strategisches Ziel, deshalb sprechen wir verschiedene Zielgruppen bewusst mit unterschiedlichen Newslettern an. Die Idee des Newsletters ist aber nicht in unserer Marketingabteilung entstanden, sondern in der Redaktion.

Wie schätzen Sie die Zukunft des Newsletters als ein Instrument zur Leserbindung ein?
Ich glaube, dass der E-Mail Newsletter eine Zukunft hat. Das hängt letztendlich aber immer vom Nutzungsverhalten des Lesers ab. Ich empfinde den Versand per E-Mail zwar eher als einen traditionellen Weg, doch haben wir eine große Zielgruppe an Lesern, die damit vertraut sind und das deshalb mögen. Die jüngere Zielgruppe ist jedoch eher mit dem Kommunikationskanal WhatsApp vertraut. Ich erlebe sogar, dass viele junge Leute gar keine eigene E-Mailadresse mehr haben.

Wie sind die Reaktionen der Leser auf die Newsletter?
Wir bekommen sehr viele, fast ausschließlich lobende Leserreaktionen. Die Leser bestätigen uns ein Gefühl der Nähe zur Redaktion, die sie bisher bei unseren Produkten Zeitung und Website so nicht empfunden haben. Auch per WhatsApp bekommen wir viele konkrete Fragen zugeschickt, die normalerweise beim Leserservice landen würden. Darauf antworten wir dann auch.

Im Gegensatz zu vielen anderen E-Mail Newslettern verschicken Sie Ihren nicht am Morgen, sondern um die Mittagszeit. Warum?

Morgens kommen wir mit zwei frischen Produkten auf den Markt: Der Zeitung und der Website. Unsere Leser haben kein Informationsdefizit, sondern eher ein Defizit, Informationen einordnen zu können. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Leser Zeit mit dem Newsletter verbringt, ist in der Mittagspause am höchsten. An den hohen Öffnungsraten stellen wir fest, dass das gut ankommt.

Immer mehr Redaktionen springen auf den Newsletter-Trend auf. Lassen Sie sich von anderen erfolgreichen Newslettern wie z.B. dem Checkpoint des Tagesspiegels inspirieren?
Ab und zu schaue ich auf eine Reihe anderer Newsletter. Ich sage aber nicht, dass wir es genauso machen müssen. Wir wollen unsere Leser an uns binden, indem wir unsere journalistische Arbeit transparent machen. Bei anderen Newslettern stehen andere Intentionen im Vordergrund, deshalb taugen diese für uns nicht als Vorbilder.

7. Juli 2015