Kooperationen
Unter Verbündeten

Die Grenzen zwischen Medienhäusern werden durchlässig: Fernsehmacher gründen Rechercheverbünde mit Zeitungen, Radioredakteure arbeiten mit Onlinern zusammen. Indirekt profitieren so auch Verlage von den Gebührengeldern der öffentlich-rechtlichen Sender.

von René Martens

Die Äußerung fiel in einem hohen Haus, und sie kam von einer hochrangigen Expertin. »Es muss ausgeschlossen sein, dass die private Presse mit Beitragsgeldern gefördert wird«, sagte die WDR-Justiziarin Eva-Maria Michel im Mai bei einer Anhörung des nordrhein-westfälischen Landtags. Es ging um die umstrittene »Stiftung für Vielfalt und Partizipation«, die die dortige Landesregierung gründen will, um die Ausbildung von Lokaljournalisten zu fördern und Recherchestipendien zu vergeben. Die Stiftung soll als Tochtergesellschaft der nordrhein-westfälischen Landesmedienanstalt gegründet werden, finanziert durch den Rundfunkbeitrag.

Fasst man den Begriff »fördern« weit, profitiert die »private Presse« heute aber oft von Beitragsgeldern. Möglich machen es die vielgestaltigen Kooperationen zwischen öffentlich-rechtlichen Sendern und privatwirtschaftlichen Verlagen, bei denen Letztere zumindest indirekt von Leistungen profitieren, die mit Beitragsgeldern finanziert werden. Das gilt zum Beispiel für die regelmäßigen Kooperationen zwischen NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung (SZ). Um die Arbeit dieses Verbundes zu verbessern, hat der NDR in diesem Frühjahr ein trimediales Ressort Investigation formiert, das unter anderem aus den bisherigen Rechercheteams des Fernsehens und des Hörfunks besteht. Im Zuge der Umstrukturierung sind die Investigativ-Spezialisten des NDR umgezogen: in das Gebäude von ARD-aktuell, wo die Nachrichtensendungen der ARD produziert werden.

Arbeitsteilung unter Partnern

Von der Nähe zur permanenten Informationsproduktion profitieren gewiss auch die beiden Partner des NDR. Die Zusammenarbeit – die, zumindest was NDR und SZ betrifft, bereits im Herbst 2011 begann – beschränkt sich anders als zu Beginn längst nicht mehr auf internationale Themen, in denen Geheimdienste eine Rolle spielen. Sie kann sich auch im SZ-Ressort Panorama niederschlagen, wo Mitte Mai unter der Überschrift »Diagnose: Lebensgefahr« ein Text von Ralf Wiegand erschien. Es ging um einen Radiologen aus Essen, der Brustkrebs-Vorsorgeuntersuchungen durchführte, »obwohl er die Qualifikation dafür jahrelang nicht nachgewiesen hatte« – und damit mehr als 100.000 Frauen in Unsicherheit versetzte.

Die Recherchearbeit zu diesem Fall begann Anfang April, als Georg Mascolo einen Hinweis bekam. Er leitet die investigative NDR-Truppe gemeinsam mit Stephan Wels und Julia Stein, außerdem ist er für die Koordination mit WDR und SZ zuständig (wofür er von jedem Kooperationspartner je ein Honorar als freier Mitarbeiter erhält). Der NDR-Redakteur Christoph Heinzle gehört zum Rechercheverbund. Er berichtet: »Ich habe das Thema anrecherchiert, verteilt auf 14 Tage immer mal wieder Gespräche geführt.« Heinzle kam zum Einsatz, weil das Thema auch einen norddeutschen Bezug hatte – was nichts mit dem Fall zu tun hatte, sondern mit einer Quelle. Als die Vorrecherchen zeigten, dass der Skandal für sämtliche

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Kommentare

  1. […] nicht nur den Rundfunkjournalismus, sondern jede Form von Journalismus. Erste Integrations-Versuche laufen bereits. Um das Jahr 2030 könnte die Haushaltsabgabe dann die maßgebliche Finanzierungsquelle für […]