Verlage
WAZ nun?

Funke will durch den Ankauf der Springer-Titel endlich ein Medienhaus von nationaler Geltung werden. Ob die Essener das schaffen?

von Bernd Dörries

Wenn man bei den Grotkamps in Essen anruft, geht meistens der Senior ans Telefon. Ob man mit ihm über die Zukunft der WAZ reden könne, die mittlerweile Funke Mediengruppe heißt? »Och«, sagt Günther Grotkamp, »damit habe ich doch gar nichts mehr zu tun. Das macht jetzt alles meine Frau.« Ob man sie sprechen könne? »Die ist gerade beim Einkaufen«, sagt der frühere WAZ-Geschäftsführer. Es hört sich so an, als würde er lachen.

Eingekauft wurde in der letzten Zeit ziemlich viel im Hause Grotkamp. Für 920 Millionen Euro hat die Funke Mediengruppe das Hamburger Abendblatt, die Berliner Morgenpost, Hörzu, Bild der Frau und noch ein paar andere Titel vom Springer-Verlag gekauft. Die WAZ gehörte schon immer zu den großen Verlagshäusern der Republik, die Funke-Gruppe zählt nun zu den größten. Lange wurden die Essener als Provinzheinis belächelt, die im Ruhrgebiet groß sind, sonst aber weitgehend unbekannt. Die WAZ hatte eine große Reichweite, ihr publizistischer Einfluss reichte aber höchstens bis nach Düsseldorf. Das wollte man ändern, bot um die Süddeutsche Zeitung mit und war für die Übernahme der Kirch-Anteile am Springer-Verlag im Gespräch. Beides klappte nicht.

Nun kommen die Essener quasi durch die Hintertür an einige regionale Zeitungstitel. Die Branche ist in der Beurteilung des Deals gespalten. Manche glauben, mit den profitablen Zukäufen eine Zeitungskette aufzubauen, die mit einer gemeinsamen Mantelredaktion auskommt, sei möglich und sinnvoll. Andere glauben, Funke habe viel Geld auf ein totes Pferd gesetzt – auf das Bedrucken toter Bäume. Was man bei Funke selbst vorhat, ist noch nicht richtig klar.

Keine regionale Washington Post

Bei der WAZ hatten viele die Hoffnung, die Essener Zentralredaktion würde als Sieger aus dem Deal hervorgehen und in Zukunft die Inhalte für die anderen Titel liefern, zumindest als zentraler Newsdesk agieren. Danach sieht es aber nicht aus. Die Redaktion in Essen wurde in den vergangenen Jahren immer weiter zusammengestutzt. Vom Anspruch des Chefredakteurs Ulrich Reitz, eine regionale Washington Post aufzubauen, ist nicht viel übrig geblieben.

Reitz hatte mehr Qualität in den Mantelteil bringen wollen und ein eigenes Rechercheressort aufgebaut. Die Ergebnisse konnten sich sehen lassen. In den Lokalredaktionen wurde dagegen gespart, und in den Städten und Kreisen laufen der WAZ auch die Leser davon. Reitz hat die WAZ modernisiert, von einem sozialdemokratischen Parteiblatt zu einer richtigen Zeitung gemacht. Lokales ist aber nicht unbedingt das Hauptinteresse von Reitz. Er wohnt in Düsseldorf, der Pott ist nicht so seine Welt. Zählt man alle WAZ-Zeitungen im Ruhrgebiet zusammen, so sank die Auflage im vierten Quartal 2011 von 808.000 Exemplaren auf 670.000 Ende vergangenen Jahres. Damit schrumpfen die Funke-Blätter deutlich schneller als der Branchenschnitt. Zum einen liegt das daran, dass es dem Ruhrgebiet generell nicht gut geht und Menschen wegziehen. Zum anderen hat die WAZ an lokaler Identität eingebüßt. Lokalredaktionen wurden ausgedünnt, Geschäftsstellen gestrichen.

Letztlich geht es der WAZ so wie vielen anderen Verlagen in Deutschland. Es gibt kein Konzept, wie man der Krise des Printgeschäfts begegnen kann – außer den sinkenden Erlösen hinterherzusparen. Dabei wird dann oft vergessen, dass die WAZ immer noch eine hochprofitable Zeitung ist, mit Renditen im zweistelligen Bereich.
Trotzdem wird bei Funke […]

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