Journalisten Und Familie
Journalismus als Familienkiller

Viele Unternehmen haben das Potenzial von Mitarbeitern mitFamilien erkannt und bieten kinderfreundliche Arbeitsbedingungen. Diemeisten Medienbetriebe dagegen nicht. Das könnte sich rächen.

von Kathrin Löther

Kinder, Küche, Teilzeitjob« – »VieleWickelvolontäre, kaum Karrierefrauen«: Die Vereinbarkeit vonFamilie und Beruf ist längst zum Topthema in Zeitungen undMagazinen, im Radio und Fernsehen geworden. Doch wie sieht es innerhalbdieser Medienunternehmen selbst aus? Sind Familie und Beruf dortvereinbar? Und wenn ja, unter welchen Umständen, mit welchenKompromissen und Einschränkungen, vielleicht aber auch Chancenfür die betroffenen Journalistinnen und Journalisten?

67 Prozent der Journalistinnen haben keinen Nachwuchs (Schwenk 2006).Das heißt: Sie bekommen deutlich weniger und seltener Kinder alsandere Akademikerinnen.Nun zeigt eine der ersten Studien zu diesem Thema: Familie und Beruflassen sich für viele Journalisten schwer vereinbaren. Allerdingsist das Bild, das sich durch die Online-Befragung Beschäftigterverschiedener Mediensparten ergibt, dann doch nicht derart eindeutig,wie vielleicht zu erwarten war.

Die meisten der knapp 300 befragten Journalisten sehen etwa kaumschwerwiegende Probleme darin, ihren Beruf mit einer Partnerschaft zuvereinbaren. In Einzelfällen berichten Teilnehmer aber auch vonäußerst negativen Erfahrungen, was (kinderlose) Beziehungenim Journalismus angeht. So meint etwa ein Redakteur einer regionalenTageszeitung, dass der Journalistenberuf tendenziell ein»Beziehungskiller« sei: »Wettbewerbsdruck,Unterbesetzung, Aktualitäts-zwang, Nichtbeachtung familiärerLagen bei Leitern und Selbstausbeutung führen dazu, dass Partnerund Kinder vernachlässigt werden. Von meiner Ehefrau verlange ichde facto, mit häufiger Einsamkeit irgendwie zurande zu kommen. Essind Steigerungen denkbar, aber dazu muss einer schon Seemann oderArbeiter auf einer Ölplattform sein.«

Vereinbarkeit unmöglich

Die Einschätzung fast aller Journalisten wird zudem deutlichnegativer, sobald es um das Thema Familie geht: Zwei Drittel von ihnengeben an, die Vereinbarkeit sei in diesem Fall nur schwer bis sehrschwer möglich.

Die Beschäftigten regionaler und lokaler Tageszeitungen sowieprivater Radiosender bewerten die Möglichkeiten zur Vereinbarkeitvon Beruf und Familie dabei besonders pessimistisch. Tendenziell haltenZeitungs- und Zeitschriftenredakteure die Vereinbarkeit fürschwieriger als Rundfunkmitarbeiter.

Die Frage, ob Rundfunkjournalisten in einem öffentlich-rechtlichenoder privaten Sender beschäftigt sind, hat hingegen kaumAuswirkungen auf die Beantwortung der Frage. Somit widersprechen dieStudienergebnisse auch deutlich der verbreiteten Annahme,vorgeschriebene Gleichbehandlungsregeln undFrauenförderungsmaßnahmen verbesserten die Vereinbarkeitnahezu automatisch.

Schichtdienste problematisch

Die größten Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie undBeruf liegen in der Arbeitszeit: Jeweils mehr als 80 Prozent derBefragten sind der Ansicht, sie sei zu unregelmäßig und zuschwer planbar, zudem störten besonders Abend- undWochenenddienste ein erfülltes, normales Familienleben. Einer derBefragten umschreibt dieses Dilemma so: »Man muss sehr gutorganisieren, um seine Familie wenigstens einmal täglich kurz zuGesicht zu bekommen. Ich trage ständig das schlechte Gewissen mitmir herum, zu wenig für meine Kinder da zu sein.« Zudem seies hinderlich, so 86 Prozent der Befragten, dassKinderbetreuungseinrichtungen in Deutschland nur für den normalen»Nine-to-five-Job« gemacht seien und damit eindeutig zuwenig flexibel für den Journalismus sind. Dies gilt freilich nichtnur für die Medienbranche, sondern für alle Berufe mitSchichtdienst.

Familienfördernde Maßnahmen sind rar

Dabei können Verlage und Rundfunkanstalten mit einerFörderung der Vereinbarkeit durchaus in ihrem eigenen Sinn handelnund betriebswirtschaftliche Vorteile erlangen. Im Idealfall lassen sichKosten, die beispielsweise durch Neubesetzung oder Wiedereingliederungnach langer Elternpause entstehen würden, vermeiden – unddie Motivation und Leistung der Mitarbeiter steigern (vgl.Forschungszentrum familienbewusste Personalpolitik 2008 und BMFSFJ2009).Trotz dieser möglichen Vorteile für Unternehmen sind geradein der Medienbranche familienfördernde Maßnahmen, die denspezifischen Anforderungen an Journalisten gerecht werden, rar. So gibtmehr als die Hälfte der Journalisten in der Befragung an,grundsätzlich nicht von zu Hause aus arbeiten zu können– und dies nicht einmal spontan in bestimmten Situationen wie derKrankheit eines Kindes. Hingegen sagen zwei Drittel, dassTeilzeitbeschäftigung in ihrem Unternehmen möglich sei.

Halbtagsstellen sind kaum vorhanden

Wie der konkrete Alltag in einem solchen Fall aussieht, machen dieAntworten der Journalisten deutlich, die derzeitteilzeitbeschäftigt sind: Fast alle arbeiten weniger als fünfTage pro Woche, dann aber jeweils ganztags; Halbtagsstellen sind so gutwie nicht vorhanden. Diese beiden Voraussetzungen bezüglich desArbeitsortes und der Arbeitszeit erschweren es Eltern deutlich, nachder Geburt ihres Kindes im Journalismus zu arbeiten.

Einen eklatanten Mangel an betriebseigenen Kindergärten, der bisvor wenigen Jahren noch zu herrschen schien, konnte die Erhebungallerdings nicht bestätigen. 40 Prozent der Journalisten –und damit deutlich mehr als in früheren Befragungen – sagen,es gebe mittlerweile einen Betriebskindergarten. Dabei variieren dieseAngaben stark mit der Größe des Unternehmens und derMediensparte.

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